Das Hördener Schnurren

Wie kaum eine andere Veranstaltung hat das Schurren das Flößerdorf weit über die Grenzen der Region hinaus bekannt gemacht und ihm auch den Spitznamen „das sündige Dorf“ beschert. Wobei sich die Schmalzlocher da eher geadelt sehen, galt doch nach dem Zweiten Weltkrieg das bunte Treiben eher als ehestiftend.
Zwar, so hält Narrenzunft-Ehrenpräsident Rolf Schnepf fest, wurde das Schnurren schon vor der Wende zum 20. Jahrhundert geübt, doch erst 1950 ist im Protokollbuch der Narrenzunft vermerkt: "... durch den Elferrat wurde dem weiblichen Geschlecht in feierlicher Weise die Erlaubnis zum Schnurren erteilt. Die Schnurrabende wurden auf die vier Donnerstage vor Fastnacht gelegt. Nach erfolgter Erlaubniserteilung zum Schnurren setzte in sämtlichen Gasthäusern ein reges Narrentreiben ein." Weiter heißt es in den Annalen der Narrenzunft: „Ebenfalls fanden die Schnurrabende bei sehr vielen auswärtigen Gästen regen Zuspruch. Hördens Straßen waren in den Abendstunden und in der Nacht belebt, wie eine Großstadt bei Tage."
Der frühere „Ochsenwirt“ Casimir Anselm stellte in einem Gespräch mit Rolf Schnepf fest, dass das Schnurren zunächst abwechselnd in den beiden Gasthäusern „Ochsen“ und „Anker“ stattfand. Beide Lokalitäten verfügten über Säle. Nach dem großen Zustrom von Gästen sei es aber unumgänglich gewesen, das Schnurren in allen Gaststätten und Cafés durchzuführen.
Dabei ist die Hördener Frau keine „Schlampe“, sondern eine Schlempe. Im Original trägt sie Omas schwarze Sonntagsgarderobe, ein Kapotthütchen - am besten noch mit Schleier. Das Gesicht verbirgt sich unter einer Maske.

Die Verkleideten schnurren schäkern, lachen, reden den Burschen und Männern ins Gewissen und fordern zum Tanz auf. Die Bezirzten durften dann am Schluss nicht selten die Zeche zahlen – oder stellten zu Hause fest, dass sie mit ihrer eigenen Frau geflirtet hatten ….
Die Werbetrommel für die organisierte Form des Schnurrens, so die Recherchen von Rolf Schnepf, hatte der Hördener Lehrer Augustin Knapp zusammen mit Augustin Lang geschlagen. Rolf Schnepf augenzwinkernd: „So paradox es klingt, ausgerechnet ein Lehrer war es, der dazu verhalf, die Hördener Lokale zu füllen.“
Fragt man eine Schlempe im Übrigen nach ihrem Namen, dann erhält man immer  die gleiche Antwort: „Sybille“. Ein Hinweis aufs griechische Altertum und die weissagenden Sybillen.
Allerdings: Auch dieses Brauchtum ist, wie so Vieles, dem Wandel unterworfen. Dabei sind zwei Hauptgründe auszumachen: Immer mehr Wirtschaften und Einkehrmöglichkeiten haben in den vergangenen Jahrzehnten dicht gemacht und die Bereitschaft der jungen Schnurrantinnen, sich als Schlempe zu verkleiden, hat zeitgleich stark abgenommen. Der schwerwiegendste Einschnitt: Seit Fastnacht 2016 ist das Gasthaus "Ochsen", über Jahrzehnte hinweg Mittelpunkt der Schmalzlocher Fasent, geschlossen. Damit ist das Herzstück und der große Reiz des Schnurrens verlorengegangen: Das Wechseln von Gasthaus zu Gasthaus. Gleichwohl: Es fehlt nicht an Versuchen der Wiederbelebung des alten Brauchs.
Geschnurrt wird vier Wochen vor Fastnacht immer donnerstags trotz allem weiterhin: in der Flößerhalle und in den benachbarten Lokalitäten "Casa Rustica", "Zwischerkeller" und im "Flößer".

Im Januar 2024 war der Südwestrundfunk zu Gast beim Schnurren. Hier der Link zur SWR-Mediathek:

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