Warum Schmalzloch "Schmalzloch" heißt

"Uz"-Namen, deren sich der Volksmund für gegenseitige Ortsneckereien bedient, sind im Murgtal und anderswo seit Jahrhunderten bekannt. Selten ist es, dass ein Ort zur gleichen Zeit zwei Uznamen besitzt, wie es in Hörden mit den Namen "Flotzkegel" und "Schmalzloch" überliefert ist.

Die Flotzkegel

Flotzkegel sind Holzkeile, die zum Einbinden der Flöße benutzt wurden. In Hörden, als bekannt mit seinen Floßeinbindeplätzen auf der Essel und unterhalb der Sägemühlen, waren diese Flotzkegel rege in Gebrauch, weshalb es nahe lag, diejenigen, welche die Flöße einbanden, auch als Flotzkegel zu bezeichnen. An die Flotzkegel, die Flößer, erinnert ein alter Spruch:
"Flaiz (Flöße), wenn'd flaize willsch / Flaiz in kei Gumbe / Sunsch'd wenn d' Schdang zerbricht/ Hasch bloß noch Schdumbe."

Schmalzloch

Noch nicht genau geklärt ist die Herkunft des Hördener Fastnachtsnamens "Schmalzloch".
Hördens Hauptlehrer Heck schrieb 1895: "Nach einer hießigen Sage soll Hörden früher Schmalzloch geheißen haben."
Der Name Schmalzloch war demnach schon in früheren Zeiten bekannt und sagenumwoben. Alte Hördener bringen Schmalzloch mit der 1508 erlassenen ebersteinischen/baden-badischen Landordnung in Verbindung, in der bestimmt wurde, dass das Volk nur soviel Küchlein backen dürfe, als es am Fastnachtsdienstag aufessen könne. Was so nicht stimmen kann, weil diese Formulierung in der Landordnung gar nicht vorkommt.
In Hörden, so die mündlichen Überlieferungen weiter, soll durch das Holzgewerbe Wohlstand geherrscht haben, die Schmalztöpfe sollen so gut gefüllt gewesen sein, dass ausgiebig Küchlein gebacken und der Ort Schmalzloch genannt wurde. Aber auch hier sind Zweifel angebracht, zumal der Bauernkrieg, die Nachwirkungen der Reformation und die Turbulenzen im Hause Eberstein in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, sowie ab 1618 der Dreißigjährige Krieg wohl kaum das "Kuchenbacken" forciert haben dürften.  
Wahrscheinlicher könnte vielleicht eine andere Erklärung für den Namen "Schmalzloch" sein.

Der Gronsfelder Hof

Weitere Erbstreitigkeiten hatten in dem ohnehin schon kreuz und quer aufgeteilten Besitz der immer mehr dahinsinkenden Ebersteiner um 1600, grob gesagt, folgende Situation ergeben:
Die Hälfte der Grafschaft war bereits seit Jahrhunderten im Besitz der badischen Markgrafen, die andere Hälfte verwalteten - inzwischen als Lehen - die Ebersteiner in Gemeinherrschaft mit den Markgrafen von Baden. Mit Wilhelm IV. und Hans Jakob I. waren dann zwei Ebersteiner Linien entstanden, was später Bedeutung bekommen sollte, als Wilhelms Sohn Otto IV. (evangelisch) nur Töchter hinterlassen hatte. Das Erbe fiel nun an Hans Jakobs Enkel Philipp II., also an die andere Linie.
Ottos Tochter Maria hatte zwischenzeitlich Christoph Franz von Wolkenstein-Trostburg und ihre Schwester Sibylle Johann von Gronsfeld und Bronckhorst geheiratet, beide katholisch. Die beiden im Adelsrang nach oben Strebenden  klagten ab 1599 vor dem Reichskammergericht auf Einsetzung in die Herrschaft. Ein Streit, der gerichtlich nie beendet wurde, stattdessen aber 1624 mit der Einmischung von Kaiser Ferdinand II. in einem Vertrag endete. Hans Jakob II., Bruder des inzwischen verstorbenen Philipp II., musste froh sein, dass seine inzwischen evangelisch gewordene Linie noch glimpflich davon gekommen war. An Wolkenstein und Gronsfeld fielen jeweils die Hälfte von Forbach, Bermersbach, Gausbach, Langenbrand, Au, Weisenbach, Reichtental, Hilpertsau, Obertsrot, Lautenbach, Hörden, Ottenau, Selbach, Freiolsheim und Michelbach. Die anderen Hälften gehörten ja dem Hause Baden. Hans Jakobs Linie verblieben nur noch die Hälfte  Gernsbachs, Schloss Ebersteins, Staufenbergs, Scheuerns und des Walheimer Hofs.
Wolkenstein errichtete in der Gernsbacher Oberstadt einen Palast, Gronsfeld ließ sich in Hörden nieder. Er und seine Familie eigneten sich dabei widerrechtlich den Kast'schen Hof an und setzten ihren Amtmann in das Kast'sche Wohnhaus, das nunmehr "Gronsfelder Hof" genannt wurde (das heutige Gasthaus "Ochsen").
Jakob Kast (gestorben 1615) und seine Ehefrau Ursula Keller (gestorben 1619) hatten bei ihrem Tod als Vermächtnis hinterlassen, eine Stiftung für die Armen zu errichten und hierfür 2000 Gulden bestimmt. Zur Sicherung der Stiftung dienten neben der Anlage von Geld auch Kast'sche Besitztümer in Hörden. Damit kam auch die Kast'sche Almosenstiftung unter die Fittiche der Gronsfelder.

Rufacher Vertrag

Mit dem Rufacher Vertrag von 1624 war auch der Rockert-Wald oberhalb von Hilpertsau und Reichental an Gronsfeld und Wolkenstein gefallen. In der "Dürreych" richteten sie eine Sennerei und Waldweide ein. In späteren Urkunden wird von der "Hördener Schweizerei" gesprochen und noch heute heißt das Gewann über dem Forsthaus in Dürreych "Schweizerkopf". Jedes Frühjahr wurden in dieses Gebiet Kühe und Ziegen getrieben, wonach zweimal wöchentlich Wagenladungen von Butter, Milch und Käse nach Hörden in den Gronsfelder Hof geführt wurden. Damit wird auch verständlich, warum sich, wie Architekt Bedal bei der Instandsetzung des Areals im 20. Jahrhundert feststellte, das Kast'sche Haus in ein ländliches Anwesen verwandelte.
Berücksichtigt man die Verelendung und Armut in der Bevölkerung, die der Dreißigjährige Krieg und die nachfolgende Zeit mit sich brachten, die soweit ging, dass die Bevölkerung des hinteren Murgtals beim Markgrafen Eingaben für eine Auswanderung stellten, dann wird verständlich, welchen Eindruck die "Hördener Schweizerei" mit ihrem Nahrungsmittelreichtum auf die Bevölkerung machte. Gehörte diese Schweizerei noch einer verhassten Familie, wie sie die Gronsfelder waren, dann konnte man nur noch neidisch von einem "Schmalzloch" sprechen, von einem Ort, in dem es zu Essen gab, während man selber Hunger leiden musste.
Die von Hauptlehrer Heck im letzten Jahrhundert zitierte Sage könnte sich somit eher auf den Gronsfelder Hof und seinen Schmalzreichtum beziehen.
Es sei dahingestellt, ob Gronsfelder Hof oder Fastnachtsküchle, auf jeden Fall blieb "Schmalzloch" und der gefüllte Schmalztopf den Hördenern als Fastnachtszuschreibung erhalten.